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„Mein Newsletter wächst durch Weiterempfehlungen“
Interview mit Anne-Kathrin Gerstlauer über ihren Newsletter „TextHacks“ 🤓
Hallo, Anne-Kathrin!
Ich freue mich besonders, dass du mein erster Gast bei Newsletter-Newsletter bist. Vor allem, weil ich wie du auch ein absoluter Text-Nerd bin. Deine Leidenschaft fürs Texten kann man sogar abonnieren: Du schreibst und versendet seit Jänner 2022 deinen Newsletter „TextHacks“. Darin gibst du ganz praktische, direkt anwendbare Tipps, wie man bessere Texte schreibt. Kürzlich hast du die Marke von 9.000 Subscribern geknackt – Gratulation dazu.
Aber starten wir ganz am Anfang: Wie bist du auf die Idee zu „TextHacks“ gekommen?
Anne-Kathrin: Ich wollte einen Newsletter starten, wie das damals gerade viele gemacht haben. Aber ich habe gemerkt: Mir fehlt die zündende Idee. Ich habe hin und her überlegt. Soll ich etwas zum Thema Digitalstrategie machen? Das war es aber noch nicht. Dann bekam ich den Auftrag für einen Workshop, wo ich gebeten wurde, explizit auf das Thema Sprache einzugehen. Sonst habe ich eher einen strategischen Fokus. In der Vorbereitung merkte ich: Krass, das ist etwas, das ich richtig gut kann – und auch sehr lange gemacht habe. Das wäre doch ein super Newsletter-Thema! Weil es einerseits ein „kleines“ Thema ist, andererseits schreiben wir doch alle Texte. Und dann, auf dem Weg zum Supermarkt, kam mir plötzlich der Titel „TextHacks“. Ich weiß bis heute nicht, wo die Idee hergekommen ist. Aber der Titel hat mir von Anfang an extrem geholfen. Dann habe ich losgelegt.
Das Interview ist dir zu lang? Lies die kompakte Newsletter-Case-Study über “TextHacks” hier.
Wie hast du deine erste Episode auf die Straße gebracht?
Ich hatte bereits ein paar Texte, die ich für Fachmagazine geschrieben hatte. Die habe ich aufbereitet und in eine passende Form gebracht. Dann hat mir jemand kurz vor dem Start geschrieben: „Ich finde, wir müssen alle viel einfacher schreiben.“ Das Thema fand ich genial. Also habe ich meine erste Folge gekillt und zwei Tage vor dem Versand eine komplett neue Folge mit neuen Kategorien erstellt. Wie das eben so ist: Kurz vor der Deadline hast du die beste Idee. (lacht)
An wie viele Subscriber ging die erste Folge raus hast?
Es waren von Beginn an viel mehr, als ich gedacht hatte: Meine erste Folge ging schon an 300 Leute raus. Bei der zweiten Folge knacke ich dann schon die 1000er-Marke. Die erste Folge hat mir also wahnsinnig viel Wachstum gebracht. Was mir geholfen hat: Ich hatte ein Netzwerk im deutschsprachigen Journalismus und einige Bekannte mit großen Reichweiten, die meinen Newsletter geteilt haben.
Toll, dass das bei dir so schnell ging. Die meisten starten ja mit der Mama und ein paar Freunden.
Ja genau, das war eigentlich auch mein Plan. (lacht)
Über das Wachstum reden wir später genauer. Bleiben wir noch bei den Inhalten. Was mir extrem gut an „TextHacks“ gefällt: dass du für deine Subscriber konkreten Mehrwert schaffst und deine Inhalte hundert Prozent anwendungsorientiert sind. Du gibst Tipps, mit denen ich mich hinsetzen und sofort bessere Texte schreiben kann. Hast du ein oder mehrere Killerkriterien, die dein Content erfüllen muss, bevor er rausgeht?
Bei mir ist das etwas tricky, weil ich mehrere Zielgruppen habe. Trotzdem gibt es drei Dinge, auf die ich immer achte. Erstens: Ich erkläre die Dinge so, dass sie jede und jeder verstehen kann. Es ist also keine Erfahrung im Schreiben nötig. Zweitens: Ich halte mich kurz. Mein Content ist snackable und in Kategorien unterteilt. Und drittens, das ist mein wichtigstes Kriterium: Ich halte nichts zurück. Ich verrate nie meinen drittbesten Tipp, sondern immer den erstbesten. Dafür verlange ich von den Leuten kein Geld. Sie müssen nichts kaufen, um zu erfahren, wie man es wirklich richtig macht. Das macht glaube ich einen großen Unterschied.
Du hast deine unterschiedlichen Zielgruppen angesprochen. Eigentlich lautet das Credo ja: Je spitzer die Zielgruppe, desto relevanteren Content kann man für sie machen, der passgenau auf ihre Interessen und Bedürfnisse zugeschnitten ist. Schreiben ist keine Nische, das tut jede und jeder von uns. Hast du dennoch gewisse Menschen, an die du dich insbesondere richtest?
Ich spreche mit „TextHacks“ vor allem Leute aus Journalismus, Marketing und Public Relations an. Aber auch ehemalige Lehrer und Politiker sind dabei. Es stimmt also, die Zielgruppen sind divers. Mir war von Anfang an bewusst, dass diese Breite ein Problem sein könnte. Und trotzdem: Ich wollte raus aus meiner Journalismusbubble und habe mich dazu entschieden, nicht total nischig zu sein. Für mich und mein Thema funktioniert das.
Weil dein Content so präzise und anwendungsorientiert ist, ist er dann wohl nicht immer für alle gleich relevant, oder?
Stimmt. Bei meinen Folgen achte ich darauf, dass ich im besten Fall verschiedene Zielgruppen anspreche. Das gelingt mir nicht immer, ist aber auch für mich nicht schlimm. Es muss nicht jede Person jede Folge geöffnet haben. Mir sagen Leute, dass sie nach der Betreffzeile entscheiden, ob das Thema der Folge für sie interessant ist oder nicht. Dennoch versuche ich immer, meine drei Kernbranchen Journalismus, Marketing und PR zu erreichen. Und wenn eine Folge spezifisch journalistisch war, versende ich in der Woche darauf eine allgemeinere.
Wie gehst du mit den unterschiedlichen Wissensniveaus deiner Zielgruppen um? Manche sind vielleicht schon echt gute Texterinnen und Texter, manche Newbies.
Für mich die spannendere Zielgruppe sind Leute, die eher am Anfang stehen, die noch nicht viel Erfahrung mit dem Texten haben. Einfach, weil diese Gruppe wesentlich größer ist und ich sie gut erreiche. Gleichzeitig bin ich immer wieder erstaunt, wen ich auf diesem Weg noch alles mitnehme. Es gibt Subscriber bei „TextHacks“, die haben mehrere Journalistenpreise gewonnen. Da denke ich: Was wollen die noch von mir lernen? Ihre Antwort lautet: Die Inhalte sind für sie eine gute Erinnerung – und sie mögen die spezifischeren Themen. Daher achte ich auf eine gute Mischung in den Folgen. Am Ende ist es jedenfalls so: Dass ich so großes Wachstum habe, liegt an der relativ breiten Zielgruppe.
Wie haben sich die Inhalte in „TextHacks“ seit dem Beginn verändert?
Am Anfang hatte ich mir vorgenommen, in jede Folge einen eigenen Text, eine Expertin oder einen Experten und kleinere Kategorien zu packen. Jetzt habe ich Folgen, da kommt nur die Expertin oder der Experte zu Wort. Da bin ich also aus dem Format ausgebrochen. Was sich tatsächlich verändert hat: Ich habe ein paar Formate gefunden, die einfach funktionieren. Zum Beispiel versende ich nach je 1.000 neuen Subscribern „50 Hacks für 5.000 Subscriber“, „60 Hacks für 6.000 Subscriber“ und so weiter. Dort verrate ich meist nichts Neues, sondern fasse bestehende Hacks unter einem Oberthema zusammen.
Das heißt, du recycelst deinen eigenen Content auch direkt in „TextHacks“?
Ja, das sind die erfolgreichsten Folgen! Mein Learning daraus: Du darfst dich wiederholen – du solltest dich wiederholen. Die Leute lesen nicht jede Folge und erinnern sich auch nicht daran. Du musst also nicht in jeder Folge etwas komplett Neues erzählen.
Du willst lieber übersichtliche Fakten? Schau in die kompakte Newsletter-Case-Study über “TextHacks” rein.
Deine Audience ist treu und engagiert. Bekommst du viel Feedback und holst du es auch strukturiert ein?
Ja, ich bekomme wirklich viel Feedback. Per E-Mail, LinkedIn, aber auch Konferenzen, wo mich Leute direkt ansprechen. Das ist für mich noch immer irreal und zugleich das Schönste daran. Mit dem Wachstum bekomme ich nun hin und wieder auch unverschämte E-Mails von Leuten mit krassen Erwartungshaltungen – immerhin bekommen sie meinen Content kostenlos – oder Nachrichten, die mit konstruktiver Kritik nichts zu tun haben. Das trifft mich ein bisschen, immerhin ist „TextHacks“ mein Baby. Wenn sich jemand richtig im Ton vergreift, schmeiße ich sie oder ihn auch raus. Manchmal denke ich dann: Es war auch ganz schön, als ich noch weniger Subscriber hatte. (lacht)
Das Wachstum von „TextHacks“ ging von Anfang an steil aufwärts: von Null auf 9.000 Subscriber in eineinhalb Jahren. Hast du konkrete Maßnahmen gesetzt, um das Wachstum zu beschleunigen?
Total langweilige Antwort: Mein Newsletter wächst durch Weiterempfehlungen. Der meiste Traffic kommt daher, dass Leute ihn in ihrer Firma teilen und an Bekannte weiterschicken. Das ist mein größte Hebel. Mit großem Abstand folgen Empfehlungen durch andere Newsletter, die eine ähnliche Zielgruppe wie ich haben. Da kann es Peaks von 200 neuen Subscribern an einem Tag geben, aber das passiert vielleicht fünf Mal im Jahr. Trotzdem ist das wesentlich wirkungsvoller als beispielsweise Sichtbarkeit auf LinkedIn oder Twitter.
Gibt es eine Growth-Taktik, die bei dir gar nicht funktioniert hat?
Ja, ein Referral-Programm. Darauf schwören momentan ja alle, bei mir hat es zu Unmut in der Community geführt. Ich habe E-Mails von Subscribern bekommen, die das gar nicht cool fanden – im Gegenteil. Sie haben sich darüber beschwert, das sei ungerecht, weil sie mich schon früher empfohlen und kein Goodie bekommen hätten. Also nicht alles funktioniert für jeden Newsletter. Ich verfolge natürlich auch die Trends und großen Newsletter-Erfolgsstorys aus den USA. Aber die Deutschen sind doch in manchen Dingen anders gestrickt. Und der Markt hier ist auch wesentlich kleiner.
Teil der US-Newsletter-Erfolgsstorys ist ja immer auch die Monetarisierung. Unterm Strich stehen dann dort Hunderttausende Dollar Umsatz. Klappt das auch hierzulande? Und verdienst du persönlich mit „TextHacks“ Geld?
Hierzulande eine Newsletter-Millionärin bzw. ein -Millionär nach amerikanischem Vorbild zu werden wird wahrscheinlich schwierig. Aber es gibt andere Möglichkeiten, einen Newsletter zu monetarisieren. Ich habe ein kleines Paid-Modell, an dem ich wenig verdiene. Mit Anzeigen geht mehr: Wenn ich jede Woche eine in meinem Newsletter platzierte, könnte ich davon leben. Ich fange gerade erst damit an, also mal schauen, wie viel das bringt. Aber: „TextHacks“ hat mein Business enorm gepusht. Ich habe mittlerweile fünfmal mehr Anfragen, als ich machen kann. Daher habe ich meine Preise entsprechend erhöht. Ich kann mir aussuchen, was ich mache und für wen. Insofern hat mein Newsletter mein Business komplett verändert, das ist jetzt ein ganz anderes Level. Gleichzeitig stehe ich noch am Anfang: Ich denke gerade viel darüber nach, was ich meinen 9.000 Subscribern noch anbieten kann: Workshops, Workbooks, Online-Kurse und so weiter. Da steckt noch mega viel drin.
Zu deinem Paid-Modell: Was bekommen „TextHacks“-Members on top zum Free-Newsletter und wie kommt das an?
Mein Membership-Modell ist noch klein, die Resonanz bisher überschaubar. Mitglieder bekommen eine Übungsfolge pro Monat. Ich habe den Eindruck, die meisten wollen zahlen, weil sie den Newsletter toll finden und mich unterstützen möchten. Hinderlich sind außerdem die Zahlungsoptionen, die noch nicht an den deutschsprachigen Markt angepasst sind. Das klingt unbedeutend, aber ich bekomme immer wieder E-Mails von Leuten, die zum Beispiel keine Kreditkarte haben. Insgesamt lege ich keinen großen Fokus auf das Membership-Modell, weil mir Reichweite mehr bringt. Und es macht auch mehr Spaß, einen Newsletter an 9.000 Menschen auszuschicken, als an 500.
Apropos Zahlen: Welche Metrics sind dir zur Erfolgsmessung wichtig? Und bitte, verrate uns doch noch ein paar deiner Zahlen.
Ein wichtiger Indikator für mich ist, wenn ich E-Mails zurückbekomme. Also direktes, qualitatives Feedback. Mit meiner Öffnungsrate bin ich hoch gestartet und sie liegt noch immer zwischen 55 und 65 Prozent. Mit immer mehr Subscribern achte ich nun auch darauf, meine Versandliste sauber zu halten: Wer ein Jahr keine E-Mail geöffnet hat, den entferne ich künftig. Karteileichen bringen mir nichts. Mir ist wichtiger, die Öffnungsrate hoch zu halten als mehr Subscriber zu haben. Trotzdem würde ich dieses Jahr gerne die Marke von 10.000 Subscribern knacken – das ist mein Ziel. Ich bin allerdings nicht die große Growth-Hackerin, die im Detail an der Metrik herumschraubt. Am Ende des Tages ist der Inhalt meines Newsletter das Allerwichtigste für mich.
Wie und mit welchen Inhalten bewirbst du „TextHacks“, zum Beispiel auf Social Media?
Mit den aktuellen Algorithmusentwicklungen auf LinkedIn und Twitter macht das klassische „Hallo, hier ist mein Newsletter vom Montag“ plus Link keinen Sinn. Ich poste wenn komplette Inhalte aus meinen Folgen. Manchmal höre ich: Jetzt verschenkt sie ihren Inhalten auch hier noch! Ich poste meist nicht einmal den Link zum Newsletter dazu. Wenn dann aber ein Posting zum Beispiel auf LinkedIn viral geht, sehe ich sofort, dass auch die Newsletter-Anmeldungen steigen – weil die Leute mein Profil anschauen, mir folgen und so weiter. Ich empfehle: Mach keine klassischen Linkpostings, sondern überleg dir, welche Inhalte das Potenzial haben, dass die Leute sie kommentieren und teilen.
Zum Schluss möchte ich dich um ein Geheimnis bitten: Was ist dein ultimativer Erfolgstipp – es dürfen auch mehrere sein – für alle, die einen Newsletter starten wollen oder schon einen versenden?
Ich habe zwei Tipps. Erstens: Bau dir ein Netzwerk auf, in dem ihr euch gegenseitig empfehlt, aufeinander verweist und euch vor allem nicht als Konkurrenz betrachtet. Es ist nicht so, dass die Leute nur einen Newsletter abonnieren. Dein Netzwerk ist ein schöner Wachstumshebel, vor allem wenn dein Newsletter noch klein ist. Und zweitens: Leg einfach mal los! Viele verbringen Monate mit Strategie, Konzept, Tools und Co. Dabei musst du eigentlich nur diese Fragen beantworten können: Wer ist meine Zielgruppe? Und warum sollten diese Menschen meinen Newsletter abonnieren und weiterleiten? Wenn du das hast: Raus damit!
Du wünschst dir jetzt noch eine Zusammenfassung des Interviews mit Fazit, konkreten Tipps und Learnings für dich? Schau in die Newsletter-Newsletter-Folge über “TextHacks” rein.
© Janina Steinmetz
Anne-Kathrin Gerstlauer, 33, arbeitet als Beraterin, Dozentin und Journalistin in Berlin. Sie unterstützt Redaktionen und Unternehmen bei ihrer digitalen Strategie, entwickelt Formate für junge Zielgruppen und unterrichtet an Universitäten. Zuvor baute sie als stv. Chefredakteurin watson.de in Deutschland auf und leitete ZEIT Campus Online.
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